Dienstag, 16. Dezember 2014

Oolong

Bienvenue und herzlich willkommen beim ersten Weblog Deutschlands aus dem Inneren der Dolmetscherkabine! Hier schreibt eine Übersetzerin und Dol­met­scher­in, deren zweite Hauptarbeitssprache Französisch ist.

Anrufbeantworter kommen heute fast nur noch in Filmen vor. Wir erfahren über die Ton­spur et­was über die privaten Verhältnisse einer Hauptfigur, während die Kamera wie eine Droh­ne in langsamen Bewegungen das Interieur überfliegt. Oder es findet sich der zentrale Hinweis auf den Mörder in dieser zur Abhörzentrale um­funk­ti­o­nier­ten Holzwerkstatt, in der die Glut des Kaminfeuers noch von einem in­zwi­schen abwesenden Gast kündet und wo ein alter, verdreckter, riesengroßer An­ruf­be­ant­wor­ter den Kontrast zwischen High-Tech-Ambiente und Holzwerkzeugen ironisch zu kommentieren scheint.

Der dritte Gedanke war richtig
Neuerdings gibt es Anrufer im Computer. Auch sie helfen uns, Din­ge zu erfahren, aber die Sache ist doch ver­track­ter. Ein Beispiel.
Gerade hatte ich eine kurze Mail im elek­tro­ni­schen Post­fach, in der im Grun­de nur Name und Ar­beit­ge­ber des Absenders zu lesen wa­ren, ein Sender, sowie eine Stan­dard­zei­le über einen ver­geb­lich erfolgten An­ruf­ver­such.

Dann gab es noch eine gesprochene Wortnachricht in der Mail: Eine Tonspur, die ich anklicken durfte, informierte mich über den Anlass der Mail.

Und hier erfuhr ich also, dass es Aufzeichnungen einer Rede oder ein Interview mit "Oolong" geben würde, ich möchte bitteschön in den Sender kommmen, abhören und übersetzen. Ich bin ein wenig irritiert. Seit wann kann Oolong-Tee sprechen? Oder vielleicht ist das das Thema ... aber ich spreche doch gar kein Chinesisch!

Ich höre weiter. Einige Sätze später sagt der Sprecher dann "Olann". Ich kenne ei­nen Berg, der so heißt, l'Olan, er liegt in den Hochalpen, kann aber auch nicht ge­meint sein.

Welcher Sender ruft nochmal an? Ich höre auf Untertöne in der deutschen Aus­spra­che. Der Sprecher ist in den 50-ern und klingt noch ganz fein und nur für Ken­ner­oh­ren erkennbar nach Ost-Berlin. Ach, Hollande ist gemeint!

Soviel zum Thema Kontext. Hätte ich die Mailkennung aufmerksamer gelesen, wä­re mir aufgefallen, dass es um eine Politikredaktion geht. Hätte ein Hinweis auf die Eröffnung eines Pariser Museums im Text gestanden, ich hätte mir infolge der Zei­tungs­lek­tü­re meinen Teil schon zusammengereimt. Die Webseite des Elysée-Palasts lie­fert zur Vorbereitung die Rede in Text- und Filmform: Die Franzosen ha­ben seit sieben Jahren ein Nationalmuseum zur Geschichte der Einwanderung, das allerdings erst jetzt offiziell eröffnet wurde.


EDIT: Besser François Olong als Françoise Hollande. Alles regelmäßig bei Öf­fent­lich-Rechtlichens gehört. Wird eigentlich die Aussprachedatenbank nicht weiter gepflegt?
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Foto: C.E.

1 Kommentar:

Vega (Bine) hat gesagt…

Bonjour, chère Caroline!

Wie kann das sein, sieben Jahre alt und erst am Montag eröffnet? Hatten die zu viele Parties zu feiern in den letzten Jahren oder was war da los?

Um Aufhellung bittet
mit vielen lieben Grüßen,
die Bine